Bürgerinitiative Gegenwind Rödernsche Heide 
 

Regionaler Planungsverband Oberes Elbtal/Osterzgebirge

Meißner Straße 151

01445 Radebeul
                                                                                                                                                                                                  Rödern, den 6.12.2023
 


Sehr geehrte Frau Dr. Russig,
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit möchten wir als Bürgerinitiative Gegenwind Rödernsche Heide Ihnen als Vertreterin des RPV OEOE unsere Stellungnahme zum Vorverfahren - Sachlicher Teilregionalplan Energieversorgung / Windenergienutzung – überstellen. Wir formulieren scharfe Einsprüche gegen die angedachten Planungsgrundlagen und fordern Sie auf, unsere qualifizierten Einwände eingehend zu prüfen und im fortlaufenden Verfahren zu berücksichtigen. Wir loben an dieser Stelle ausdrücklich ihren Ansatz, ein Vorverfahren zu etablieren. Gleichzeitig mahnen wir aber auch vehement und energisch grundsätzliche Korrekturen an.
Wir haben unsere Stellungnahme und sachliche Kritik auf elf Punkte fokussiert.


1. Die vorgegebene Auslegungsfrist bis zum 13.12.2023 ist für eine qualifizierte und den Verwaltungsabläufen angemessene Bearbeitungszeit viel zu kurz. Aufgrund der Kürze der Zeit konnten sich die kommunalen Verwaltungen  nicht ausreichend inhaltlich mit dem Papier beschäftigen und sachlich sowie umfangreich die Mitglieder der Stadt-, Gemeinde- und Ortschaftsräte informieren (einige Räte hatten in dem vorgegeben Zeitfenster für Stellungsnahmen gar keine Sitzungstermine). Die gewählten Volksvertreter hatten dadurch wiederum nicht die Möglichkeit, sich eine Meinung zu bilden und ihrerseits danach der Verwaltung Vorgaben zur Stellungnahme zu machen. Zudem war es nicht möglich, innerhalb der knappen Frist externe Berater hinzu zu ziehen. Angesichts der Komplexität dieses Verfahrens wünschten sich das aber nicht nur Räte, sondern auch vor allem kleine Kommunen, die nicht über leistungsstarke Bau- und Rechtsabteilungen verfügen. Grundsätzlich ist an dieser Stelle anzumerken, dass es „Otto-Normalverbraucher“ nicht mehr möglich ist, die Abläufe der Planungsverfahren und die Veröffentlichungen des Planungsbehörden ohne Erklärungen und Anmerkungen zu verstehen. Da bedarf es seitens der Planungsbehörden mehr Engagement auf dem Gebiet der bürgernahen Kommunikation.


2. Das gesamte Verfahren baut auf dem Verstoß gegen EU Naturschutzrecht auf. Wir als BI weisen darauf hin , dass  §6 WindBauGesetz gegen  EU-Recht verstößt, da es laut nach EU-Notfallverordnung nur Anwendung finden darf, wenn keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Unsere Aussage stützen wir auf ein Rechtsgutachten vom 22. März 2023 „...§6 WindBG verstößt auch durch den Wegfall der artenschutzrechtlichen Prüfung nach §44 Abs.1 BNatSchG gegen EU-Vorgaben.“ https://naturschutz-initiative.de/images/PDF2022/RechtsgutachtenBNatSchG2022CL.pdf


3. Die Pläne des RPV sehen eine Ungleichbehandlung der Bürger vor, die im Außenbereich von Ortschaften wohnen. Der Abstand von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung soll dort drastisch reduziert werden können. Unserer Ansicht nach wird damit gegen den juristisch verbrieften Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen. Darüber hinaus betrachten wir diese Art der Planung als einen Angriff auf die Würde der Menschen.


4. Der Bau von Windkraftanlagen in Trinkwasserschutzzone 3 - welche Verbindung zu Zone 1 und 2 hat – ist unserer Meinung nach völlig inakzeptabel. Die notwendigen Bauarbeiten zur Errichtung von WKA sowie der Betrieb der Anlagen erhöht das Risiko von gefährlichen Einträgen in den Boden enorm. Ebenso das Ölunfallrisiko. Nicht auszudenken welche ökologischen (und ökonomischen) Folgen es hätte, wenn technische Öle, Kraftstoffe aus einem Baufahrzeug, -maschine oder WKA in einer Trinkwasserschutzzone austreten! Im Falle des Brandes von WKA würden Schadstoffe in Form von giftigen Brandrückständen in den Boden (z.Bsp. hochgiftiges Diisocyanate, bei Verbrennung von Polyurethan) gelangen. Sollten WKA in Trinkwasserschutzzonen errichtet werden, muss damit gerechnet werden, dass Inhaltsstoffe (z.Bsp Chromat) dieser Fundamente sowie der Tiefengrundung ausgewaschen werden und so ins Schichtenwasser und Trinkwasser gelangen können. Das sind empirisch erwiesene Risiken. Hier dazu noch eine konkrete Betrachtung für die Rödernsche Heide: Die Trinkwasserschutzzone in der Rödernsche Heide hat grundlegende Bedeutung für den Raum Coswig/Radebeul. Der mengenmäßige Zustand des Grundwasserkörpers im Elbtal wird als schlecht bewertet (siehe Karte LfULG  Stand 01/2022 Grundsatzkonzeption öffentliche Wasserversorgung 2030 für den Freistaat Sachsen). Die einzelnen 3 Trinkwasserschutzzonen hängen speziell in der Rödernschen Heide zusammen. Diese bilden um den Rest der Heide das Bild eines Hufeisens. Die Heide fungiert hier als Speicher, Filter und Leitmedium für die Trinkwasserschutzzone. Unser Fazit: Der Bau von WKA in der Nähe von und in Trinkwasserschutzzonen ist so Risiko belastet, dass er grundsätzlich abzulehnen ist.


5. Die angedachten Abstände zu Infrastruktur (20m zu Gleisen und Straßen) sind viel zu gering und stellen ein enormes Risiko dar. Im Umfeld der WKA besteht im Winterhalbjahr ein enormes Eiswurfrisiko – Radfahrer, Autos, Züge würden bei so geringen Abständen todbringenden Gefahren ausgesetzt. Im Brandfall sieht es ebenso aus.


6. Die angeplanten Abstände von WKA zu Schutzgebieten sind als lächerlich zu bewerten. Als Beispiel genügt eine knappe Betrachtung für ein Vogelschutzgebiet wie die Zschornaer Teiche. Die heimischen Vögel aber auch die Zugvögel, die alljährlich dort anzutreffen sind, haben keine starres Flugverhalten. Sie suchen ihr Futter in allen Himmelsrichtungen, nutzen wechselnde Winde für ihre Flugbewegungen. Windräder in unmittelbarer Nähe eines solchen Schutzgebietes wären eine Gefahr für das Leben tausender Individuen und den Fortbestand einzelner Arten. Das gilt selbstverständlich auch für alle vor Ort zahlreich beheimateten Fledermausarten, die Gewässer als ihre Jagdreviere nutzen (siehe auch Pkt. 7).


7. Die angeplanten Abstände zu Gewässern bewerten wir als viel zu gering. Der Bau von WKA mit den von Ihnen geplanten viel zu geringen Abständen zu Gewässern ist in mehrere Hinsicht inakzeptabel und gefährlich. Durch solch geringe Abstände würde der Erholungsraum für den Menschen drastisch schwinden. Zusätzlich ist von einer erhöhten Schlagopferzahl bei Greifvögeln, Wassergeflügel und vor allem Fledermäusen auszugehen. Konkret in der Rödernsche Heide würde eine solche Planung bedeuten, dass Naherholungsgebiete und Stausee Radeburg, Brettmühlenteich und Zschornaer Teiche zu Industriegebieten und damit zerstört würden.


8. Man berücksichtigt in dem Vorverfahren nicht, dass Windräder nachweislich das Microklima verändern. Tatsächlich sind diese Auswirkungen auf das Mikroklima insbesondere durch die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald aber immens. Bereits in den vergangenen Jahren hat der regionale Planungsverband einen Leitfaden erstellt, der auf Basis des Projektes KLIMAfit unter anderen Maßnahmen zur Landnutzung und Bodenbewirtschaftung vorgeschlagen wurden. Teil des Projektes war auch der Dresdner Heidebogen. Unter anderen wird vorgeschlagen qualifizierte Vorranggebiete zur Waldmehrung in den Regionalplan auszuweisen. Gegen die Versteppung sollen zur Erstaufforstung klimaangepasste Waldarten verwendet werden. Dieses Projekt steht im krassen Widerspruch zu einer möglichen Ausweisung der Rödernsche Heide als Vorranggebiet für Windkraftanlagen. Ebenso steht eine Ausweisung im Widerspruch zur LEADER-Entwicklungsstratege 2023 bis 2027. Die Ziele u.a. zur Weiterentwicklung bzw. Erhalt der Aquakultur und Fischerei werden für das Gebiet der Rödernsche Heide mit den Karpfenzuchtteichen durch mögliche Windkraftanlagen konterkariert. Auch für die Ziele Tourismus und Erholung, speziell mit der gerade fertig gestellten Naturcamping Anlage am Brettmühlenteich, sind Windkraftanlagen nicht vereinbar.


9. Wir kritisieren vehement, dass in diesem Verfahren der Einfluss von Infraschall auf die menschliche Gesundheit überhaupt nicht betrachtet wurde. Dabei ist doch unstrittig: Windkraftanlagen emittieren nicht nur Schall im hörbaren Frequenzbereich, sondern auch sog. Infraschall mit erheblicher Intensität. In Veröffentlichungen, auf Fachtagungen und in der einschlägigen Fachliteratur sind viele Berichte und Beobachtungen erwähnt, die sich mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Einwirkung von Infraschall auf den Menschen beschäftigen. Dieser Aspekt wird bisher jedoch weder im Eckpunktepapier, noch in der Scopingunterlage des Regionalen Planungsverbandes explizit erwähnt, obwohl Bürger, Bürgerinitiativen, Verbände und Experten eine wissenschaftliche Abklärung und Berücksichtigung seit vielen Jahren fordern. Zwar wird der Schutz der menschlichen Gesundheit im Eckpunktpapier ausdrücklich genannt, beim Schutz vor Schallauswirkungen wird jedoch lediglich auf die geltende TA Lärm verwiesen. Explizite Hinweise oder Vorgaben zum Thema Infraschall fehlen. Insbesondere werden auch keine Aussagen zum Schutz von Menschen in Wohnbebauung und anderen Nutzungen im Außenbereich und in der Umgebung von Windkraftanlagen vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Infraschall getroffen. In der TA Lärm ist dieser Aspekt bisher nur unzureichend berücksichtigt, obwohl dies seit Jahren von Bürgern, Bürgerinitiativen und Experten gefordert wird. Nach unserer Kenntnis und nach Kenntnis von anderen Experten und sogar Fachbehörden liegen über den Einfluss von Infraschall auf die menschliche Gesundheit bisher nur unzureichende wissenschaftlich abgesicherte Risikoabschätzungen vor. Insofern sind sowohl das Eckpunktepapier, als auch die Scopingunterlage unvollständig. Erforderlich ist daher eine fundierte wissenschaftliche Abklärung und Information zum Thema Infraschall, bevor die Planung weitergeführt wird. Keine Beachtung schenkt man auch der Tatsache, dass Infraschall negative Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen hat.


10. Keine Berücksichtigung in diesem Verfahren findet zudem der Fakt, dass der Bau von Windrädern mit den vorgegebenen geringen Abständen zur Wohnbebauung, dazu führen wird, dass Immobilien erheblich an Wert verlieren. Windräder lassen Immobilienpreis sinken. Eine Studie des RWI – Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung hat knapp 3 Millionen Verkaufsangebote ausgewertet. Das Studienergebnis ist eindeutig: Windkraftanlagen, die in einem Abstand von einem Kilometer von einem Einfamilienhaus errichtet werden, führen im Durchschnitt zu einer Wertminderung der Immobilie  - um etwa 7,1% ihres Verkaufspreises.


11. Wälder erfüllen vielfältige Funktionen. Sie sind so u.a. Rückzugsgebiete für die Natur, Tiere, erfüllen u.a. Funktionen in Bezug auf Emissions- und Lärmschutz, Trinkwasserschutz. Zudem dienen Wälder dem Menschen als Orte der Erholung und des Naturerlebnisses, denn sie stellen für den Menschen einen Kontrast zur Wohn- und Arbeitswelt her. Die positive Wirkung des Waldes auf die Psyche des Menschen kann gar nicht hoch genug bewertet werden. In Bezug auf den Klimaschutz spielt der Wald eine zentrale Rolle als Kohlendioxid-Speicher. Sachsen zählt zu den sogenannten waldarmen Ländern. Speziell der Forstbezirk Dresden (zu dem die Rödernsche Heide gehört) ist mit einem Waldanteil von 21 Prozent als besonders waldarm zu bezeichnen (Landesdurchschnitt: rund 28 Prozent). Jedes Aufforstungsprojekt und Konzept zur  Waldmehrung ist daher in dieser Region nur zu befördern (siehe auch Pkt. 8). Im Gegenzug sind alle Initiativen, die zur massenhaften Abholzung von Waldflächen führen grundsätzlich abzulehnen – so folglich auch ein mögliches Windkraftvorrangebiet in der Rödernschen Heide.


Zum Schluss dieser Stellungnahme noch eine zusammenfassende juristische Betrachtung. Die Windkraftplanungen, wie sie hier im Planungsgebiet OEOE vorangetrieben werden sollen, stellen einen nicht hinzunehmenden Angriff auf die Lebensgemeinschaft der Menschen dar, die hier wohnen, arbeiten und leben. Warum? Das ist einfach zu erklären: Es werden mit den Windparks Eingriffe in den dicht besiedelten und seit Jahrhunderte divers genutzten Kulturraum in Angriff genommen, die alles Bestehende radikal verändern werden. Landschaften, Natur- und Lebensräume, die geliebte Heimat von gut einer Million Menschen – wenn das 2%-Ziel in diesem Planungsgebiet erreicht ist, wird vieles am Ende und zerstört sein. Liebreizende Landschaften, mit denen sich Menschen identifizieren, wird es dann nicht mehr geben. Traditionsreiche Erholungsorte werden durch Windparks entstellt und in Industriegebiete verwandelt werden. Wir sind daher überzeugt: Diese gesamte Planung verstößt gegen Art1 Abs 3 und Art 19 Abs 1 und 2 des deutschen Grundgesetzes.
In unserer Stellungnahme findet zu Punkt 2,4,6,7,8 und 11 der Artikel 20a GG außerdem Anwendung.
"Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung."
Bei der Bestimmung von Abständen zwischen Windkraftanlagen und Wohnhäusern stellt die Ungleichbehandlung von Bürgern, die im Außenbereich wohnen, ein Fehler dar gemäß Art 3 Abs 1. "...Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich." Sowie Art 2 Abs 2 "...Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden." Dies gilt auch für Punkt 9.

Hochachtungsvoll


BI Gegenwind Rödernsche Heide